Ein Reisebericht von einem schweizerischen Radfahrer:
Erleichtert stellen wir fest, dass die Mazedonier nicht ganz so neugierig und aufdringlich sind wie die Albaner. Wir gewöhnen uns richtig ans Fahren durch schöne Landschaften. Bei wenig Verkehr strampeln wir nach Debar, im Schatten der Bäume dem Stausee entlang. Nahe Struga finden wir einen Campingplatz, wo wir, kaum angekommen, einen Rakia (Sämy) und Kaffee (Sabine) serviert bekommen. Hier übernachten wir gleich zwei Mal: Am willkommenen Ruhetag bringen wir unsere Velos wieder einmal auf Vordermann und wechseln unsere Ketten.
Mit Tagesziel Bitola gehts über Ohrid weiter. Die zwei stöppelnden Spanier, die am Ortsausgang von Ohrid auf der falschen Strassenseite gestanden haben, überholen uns Mitten im Aufstieg. Leider ist die Abfahrt einmal mehr nicht der erwartete Genuss. Die Strasse ist sehr schlecht und so gehts holprig runter nach Resen. Da wir uns in Mazedonien registrieren lassen müssen und die Campinginhaber dies aufgrund eines anderen Wissensstandes nicht tun wollten, statten wir dem Polizeiposten gleich persönlich einen Besuch ab. Die Polizisten können aber kein Englisch und haben zudem keine Ahnung wovon wir sprechen. So zotteln wir mit leeren Händen wieder ab.
Diesen Polizeibesuch wiederholen wir dann in Bitola: Ohne dass unsere ausgefüllten Formulare auch nur angeschaut werden, erhalten wir hier den Bestätigungsstempel für unseren Aufenthalt. Was wohl der Sinn hinter dieser Registrierungspflicht ist?
In Bitola ist auch abends noch richtig viel los: Neben all den Champions-League-Zuschauern setzen wir uns in eine Bar in der belebten Fussgängerzone und trinken ein Bier. Anschliessend gönnen wir uns ein mazedonisches Znacht.
Zwischen Bitola und Prilep weichen wir auf die weniger befahrene Strasse aus und nehmen die paar Kilometer Pflastersteine dafür gerne in Kauf. Plötzlich sitzt Mitten auf der Strasse ein Schildkrötli, welches natürlich vor dem Verkehr gerettet werden muss. Bald sind wir in Prilep, wo es wieder nur so wimmelt von Menschen. Wir essen in einer Bäckerei Zmittag und machen uns dann mit vollen Mägen an einen kurzen Aufstieg. Und dann beginnt eine nicht enden wollende Abfahrt. Und dies erst noch in Mitten herrlicher Natur. Dank Rückenwind gehts in flottem Tempo weiter. Wir entscheiden uns, nicht über Negotino, sondern Veles zu fahren und geniessen zur Abkühlung ein Glace in Staro Gradsko. Mit einem neugierigen Jungen, der uns über die Schulter blickt, planen wir unsere Route.
Da wir im Zentrum von Veles kein Hotel finden, sprechen wir einen Polizisten an. Er spricht kein Englisch und muss etwas überlegen, ob es in seiner Stadt eine Unterkunft gibt. Dann fragt er einen Passanten um Rat. Ja, es gebe ein sehr teures Hotel. Rasch zückt eine englischsprechende Dame ihr Handy und klärt ab – Hotel A: 75€, Hotel B: 45€. Beides ist uns zu teuer. Wir bedanken uns für die Unterstützung und beschliessen, einen Platz fürs Zelt auf der anderen Seite des Flussufers zu suchen.
Die halbe Stadt (Anwohner & Fischer) versucht uns davon abzuhalten, das schmale Weglein dem Fluss entlang zu fahren. Dies sei die falsche Strassenseite, wir sollen drehen,… Sabine ist beim Gedanken, dass so viele Menschen wissen wo wir hingehen, etwas unwohl. Sämy fährt unbeirrt weiter und findet ein Stück flacher Rasen am Ufer. Plötzlich steht eine ältere Frau neben uns, die uns mit den Händen irgendetwas mit Kühen zeigt. Wir erkundigen uns, ob wir hier unser Zelt aufstellen können. Dies scheint ihr ziemlich egal zu sein.
Ohne Velos suchen wir weiter hinten nach einem noch etwas geschützteren Schlafplatz. Wir werden fündig und wollen unser Material holen, als uns die Frau – nun in Begleitung ihres bärtigen Älpler-Mannes – nocheinmal entgegenkommt. Nachdem sie herausgefunden hat, dass wir deutsch sprechen, ruft sie ihren Schwiegersohn an. Er hat eine Zeit in Deutschland gelebt und fungiert ab nun als Übersetzer. Sie quartieren uns schliesslich in einem kleinen Zimmer neben ihrem Stall ein. Am nächsten Morgen früh weckt uns Bena. Sie packt Wurst, Eier und eine Menge Kochutensilien aus ihrem Rucksack und bereitet uns ein Frühstück zu! Wir bedanken uns herzlich mit Schweizer Schoggi. Bena begleitet uns bis auf die geteerte Strasse, damit sie sicher ist, dass wir nun auf dem richtigen Weg weiterfahren – auch sie hat die ganze Zeit gemeint, wir hätten uns verirrt.
Das Ei-Wurst-Frühstück macht sich noch ein paarmal bemerkbar, als wir der steilen Strasse aus der Stadt folgen. Heute will es der Wind leider nicht so gut mit uns und wir kämpfen uns durch die von weiten Feldern geprägte Gegend. Zeitweise nutzen wir die sich noch im Bau befindliche Autobahn, die wir so für uns alleine haben! Unseren Ausflug, fort von der stark befahrenen Strasse ab Štip, beenden wir aber schon bald wieder, da der Weg erst hügelig und dann ungeteert wird. Mit unserem letzten mazedonischen Geld verhandeln wir schliesslich um ein Hotelzimmer in Orizari.
Der letzte Tag in Mazedonien steht bevor: Wir geniessen die Fahrt in erneut schöner, stark bewaldeter Landschaft mit wenig Verkehr zum Stausee Kalimanci. Auf den letzten Kilometern vor Delčevo liefern wir uns mit einem älteren Herrn (dessen Velo wohl gleichen Jahrgangs ist wie er…) ein Rennen. Er ist anscheinend gut trainiert und wir bereits etwas müde… Nach dem Zmittag machen wir ein Pfüüsi und kommen fast nicht mehr von der Parkbank los, so faul sind wir. Bis zur bulgarischen Grenze müssen wir aber noch ein paar Höhenmeter fressen und der Hitze trotzen.
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