Ich bin seit circa einer Woche in Mazedonien, dem Heimatland meiner Eltern. Ich war seit einem Jahr nicht mehr hier und muss zugeben, dass ich Einiges vergessen habe. Zum Beispiel die ganze Scheiße, die mich in den letzten Jahren oft zur Weißglut gebracht hat. Um fair zu bleiben, möchte ich auch noch erwähnen, dass sich die folgenden Dinge, ziemlich sicher nur in mazedonischen Kleinstädten (!) abspielen. Und keine Sorge, ein Blog mit den positiven Aspekten eines Mazedonien-Urlaubs folgt nächste Woche. Wenn es nämlich nichts Positives geben würde, wäre ich schon längst weg.
Gäste kommen und gehen, wann es ihnen passt
Die Urlaubszeit ist begrenzt und wenn man sich mit allen Freunden und Verwandten, die auch im Land sind, treffen möchte, muss man gut planen und organisieren können. Was allerdings auch die besten Pläne zunichtemachen kann, sind Gäste, die einfach ständig hereinschneien. Jede einzelne dieser Personen besitzt ein Telefon, aber niemand benutzt es. Einfach losfahren und an die Tür klopfen gehört hier zur Normalität. Ob man selbst Pläne hat, interessiert die Leute hier anscheinend einen Scheißdreck, denn sie bleiben oft gleich vier Stunden bei einem zu Hause und wiederholen diesen Vorgang alle paar Tage. Vor allem meine Eltern sind dann diejenigen, die die Arschkarte ziehen. Sie würden es nie wagen einfach „Nein“ zu sagen oder jemanden zum Gehen zu überreden. Die eigenen Pläne fallen somit leider zu oft ins Wasser und das obwohl man eigentlich im Urlaub ist und nicht zu Hause sitzen sollte.
Bettelnde Fünfjährige um 3 Uhr morgens
Was vor allem meine beste Freundin, die ich dieses Jahr aus Wien mitgebracht habe, sehr schockiert hat, ist die Anzahl der Bettler auf den Straßen. Sie sind tatsächlich an jeder Ecke aufzufinden. Es sind leider auch hauptsächlich kleine Kinder, die um Geld betteln. Wirklich traurig ist, dass Fünfjährige sogar bis 3 Uhr morgens draußen sind, um Geld einzusammeln. Eines der Kinder hat gemeint, dass seine Eltern es nicht nach Hause lassen würden, wenn es nicht genug Geld eingesammelt hätte. Die Kinder sind außerdem verdammt hartnäckig und verfolgen vor allem die „Ausländer“ mehrere Minuten lang. Sie werden oft laut und versuchen Personen gezielt in eine peinliche Lage zu bringen, sodass sie fast dazu gezwungen sind, ihnen Geld zu geben. Abends gehen die Kinder sogar in Lokale, in denen geraucht und getrunken wird und verlassen diese erst, wenn die Kellner kommen und sie sie schimpfend verjagen. Besonders krank finde ich jedoch, dass einige „Ausländer“ die Kinder zu ihrer Unterhaltung tanzen oder singen lassen, bevor sie ihnen Geld geben.
Du bist auch hier ein „Ausländer“
Wenn man mit anwesenden Freunden oder Verwandten Deutsch spricht, bekommt man von den Einheimischen häufig einen mächtigen bad attitude zu spüren. Das kann damit zusammenhängen, dass es hierzulande das hartnäckige Vorurteil gibt, dass alle Menschen „aus dem Ausland“ arrogante Geldscheißer sind.
In einem T-Mobile-Shop wollte ich mir eine mazedonische SIM-Karte kaufen. Die Karte hat auf meinem Handy leider nicht funktioniert und trotzdem musste ich 20 Euro dafür blechen, weil die Karte „ja schon aktiviert wurde“. Mein Vater und ich wurden ohne den Kauf nicht hinausgelassen. Auch ein Leihgerät auf dem die Karte funktionieren würde, wollte der grantige Mitarbeiter uns nicht geben. Als meine Mutter und ich einige Tage später wieder dort waren, hat der Mitarbeiter tatsächlich „Was wollt ihr wieder hier?“ gefragt und zum Schluss den Behälter der Karte auf dem Tisch, in die Richtung meiner Mutter geworfen. In anderen kleinen Geschäften ist Ähnliches passiert.
Gaffende Affen
Auch das ist eines der Dinge, die vor allem meiner besten Freundin negativ aufgefallen sind. Egal ob Männer oder Frauen, alle glotzen sich gegenseitig an. Es ist auch nicht nur ein kurzer „Kenne ich dich oder nicht?“-Blick, sondern richtiges Anstarren. Man wird wirklich von oben bis unten gescannt. In Lokalen ist es besonders schlimm. Man fühlt sich manchmal so dermaßen beobachtet, dass man einfach nur wieder gehen möchte. Speziell die Männer scheinen offenbar nicht zu merken, wie ekelhaft und unangenehm ihr Verhalten ist. Zwar hört man hier so gut wie nie von sexuellen Übergriffen, dieses Geglotze ist meiner Meinung nach, jedoch auch schwere Belästigung. Mit männlichen Begleitpersonen gibt es by the way nur ganz kurze Blicke. Dadurch fühlt man sich allerdings erst recht ins Mittelalter zurückversetzt.
Verkehrsregeln? Drauf geschissen. Yolo.
Wenn man genauer hinsieht, erkennt man kleine Kinder auf Mopeds, die planlos durch die Stadt fahren. Manchmal sitzen sie auch auf Hauptstraßen auf dem Schoß des Vater, um zum Spaß das Auto zu lenken. Auch ältere Leute mit einem Führerschein scheinen keine Ahnung von den Verkehrsregeln zu haben. Die Polizei ist so gut wie nie unterwegs und da man "alle von früher kennt“, zahlt kaum jemand Strafen. Außerdem fahren die meisten „Ausländer“ in ihren Mega-Autos immer zu schnell und machen mit ihrem Motor extra viel Lärm um aufzufallen. Unnötiges Überholen steht auch auf der Tagesordnung. Durch diese Leichtfertigkeit stirbt jedes Jahr eine erschreckend hohe Anzahl von Jugendlichen. Auch die Straßen gehören schon längst umgebaut. Vor allem die engen Waldwege in die Dörfer sind vielen Menschen zum Verhängnis geworden. Das erkennt man deutlich an den ganzen Gräbern junger Leute, bei jeder dritten scharfen Kurve.
QUELLE Šemsa Salioski
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