Skopje: Eine Stadt wie ein Kind – frech, selbstbewusst, unglaublich charmant!

Bericht über Skopje von Sandra Casalini, veröffentlicht auf der Homepage der Airline Edelweiss.

Mazedonien ist bislang nicht unbedingt als Urlaubsland bekannt. Das könnte sich bald ändern, denn der kleine Balkanstaat holt gerade mächtig auf in Sachen Tourismus. Unsere Autorin liess sich vom Charme und von der Vielfalt der Hauptstadt bezaubern. Und entdeckte ein bisschen ausserhalb von Skopje einen der schönsten Flecken Erde, den sie je gesehen hat.


Mein erster Eindruck von Skopje: Die mir geläufigen Verkehrsregeln scheinen hier nicht zu gelten. Der Taxifahrer hupt genervt ein mehr oder weniger mitten auf der Strasse geparktes Auto an, bevor er aufs Trottoir ausweicht – mit einer Selbstverständlichkeit, die ich an den Mazedoniern in den nächsten Tagen lieben lernen werde.

Zum Glück ist fast die gesamte Innenstadt Skopjes autofrei. Sie wird vom Fluss Vardar zweigeteilt, über den alle paar Meter mit Statuen geschmückte Brücken führen. Auf der einen Seite befindet sich die Altstadt mit dem Alten Basar, der “Festung Kale“ und einer überwiegend muslimischen Bevölkerung, wovon eine grosse Zahl an Moscheen zeugt. Die andere Seite, die Neustadt, beherbergt den zentralen “Makedonija-Platz“, einen Grossteil der Sehenswürdigkeiten der Stadt und ihre grösste orthodoxe Kirche, was darauf hinweist, dass die Bewohner jener Seite des Vardar überwiegend dieser Religion angehören.

“Mazedonischer Neu-Barock“


Meine Mutter begleitet mich auf dieser Entdeckungsreise. Wir logieren im “Bushi Hotel & Spa“, das mitten im Alten Basar liegt. Durch eine Art Torbogen gelangt man in den gemütlichen Innenhof des Hotels, eine kleine Oase mitten in der knapp 600'000 Einwohner zählenden Stadt. Der Empfang ist freundlich, das Zimmer leider noch nicht parat, aber das ist morgens um 9 Uhr nicht ungewöhnlich. Wir lassen uns an der Rezeption einen Stadtplan geben – und laufen zielsicher in die falsche Richtung los! Als wir gar keinen Schimmer mehr haben, wo wir uns befinden, sprechen wir ein junges Mädchen an. Sie zuckt hilflos mit den Schultern: “No English.“ Doch dann zückt sie ihr Handy, wählt eine Nummer und hält es mir hin. Am anderen Ende der Leitung fragt jemand auf Englisch, wo wir hin möchten. Ich erkläre es, das Mädchen lässt es sich übersetzen – und führt uns direkt zu unserem Ziel, der Steinbrücke über den Vardar. Wir sind tief beeindruckt von so viel Hilfsbereitschaft!

Vor der Steinbrücke stehen sie, die ersten der riesigen Statuen und Brunnen, die im Rahmen des Projektes “Skopje 2014“ geschaffen wurden und nun zusammen mit Gebäuden im Barockstil und neoklassischen Bauten die Stadt schmücken. “Mazedonischer Neu-Barock. Wir sollten ihn patentieren lassen“, wird Kate, unsere Reiseführerin auf einem Trip am nächsten Tag, lachend sagen. Auf der Altstadt-Seite steht der “Krieger zu Fuss“, der Philipp II. von Makedonien zeigt, seines Zeichens Vater von Alexander dem Grossen. Gleich daneben befindet sich der “Brunnen der Mütter Mazedoniens“. Von der Brücke aus hat man die beste Aussicht auf Skopjes Hausberg, den Vodno, auf dem seit dem Jahr 2000 ein weiteres Wahrzeichen steht: das “Millenniumskreuz”, 66 Meter hoch und 42 Meter breit. Auf der Neustadt-Seite des Vardar befindet sich auf dem “Makedonija-Platz“ der 23 Meter hohe “Krieger zu Pferd“, umrahmt von wasserspeienden Löwen. Gleich daneben steht das verspiegelte, moderne Riesengebäude der mazedonischen Telekom. Und dahinter die 2012 erbaute “Porta Macedonia“, sozusagen der “Arc de Triomphe” von Skopje.


Die Suche nach der eigenen Identität


Ist das nun Kunst oder Kitsch? Vermutlich beides. Auf jeden Fall ist das Stadtbild so bunt zusammengewürfelt, dass mir beim Betrachten unweigerlich meine Tochter in den Sinn kommt, als sie sich mit knapp zwei Jahren erstmals selbst anzog und in Ballerina-Tutu, Kapuzenjacke und Gummistiefeln das Haus verliess. Mit so viel Stolz und Charme, dass man sie dafür einfach lieben musste. Und mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der der mazedonische Taxifahrer übers Trottoir rollte und uns das junge Mädchen zur Steinbrücke führte.

Auf jeden Fall ist das Ergebnis von “Skopje 2014“ ganz offensichtlich die Suche einer Stadt – oder eines ganzen Landes – nach einer eigenen Identität. Und die ist gar nicht so einfach, wenn man den Geschichts-Riesen Griechenland zum Nachbarn hat und die eigene Bevölkerung alles andere als homogen ist. Dabei ist es die wohl grösste Errungenschaft dieser Stadt in den letzten paar Jahren, dass Mazedonier und Albaner, Orthodoxe, Moslems und Christen mittlerweile ziemlich gut miteinander klarkommen – auch wenn es immer wieder mal zu Querelen kommt, etwa über religiöse Symbole an geschichtsträchtigen Orten.


Die Highlights: Mutter Teresa – und der Tomatensalat


Entlang des Vardar reiht sich Restaurant an Café an Lounge, alle mit gemütlichem Aussenbereich und alle gut besetzt. Nicht, dass man überall die Speisekarte entziffern könnte – dass die meisten Touristen aus westlichen Ländern der kyrillischen Schriftzeichen nicht mächtig sind, ist noch nicht ganz hier angekommen. Die Bedienung ist aber überall freundlich und hilft gern bei der Auswahl. Meinen absoluten Favoriten finde ich bereits beim ersten Mittagessen: mazedonischer Salat, bestehend aus den besten Tomaten, die ich je gekostet habe, Gurken, Zwiebeln und heimischem Reibkäse. Dazu ein Glas einheimischer Weisswein, der ebenfalls sehr gut schmeckt.

Nach dem Lunch steht noch ein Must auf dem Sightseeing-Programm: Die Mutter-Teresa-Gedenkstätte, die dort errichtet wurde, wo die Taufkirche der berühmtesten Tochter der Stadt stand. Die Friedensnobelpreisträgerin wurde 1910 als Anjezë Gonxha Bojaxhiu in Skopje geboren. Im kleinen Museum der Gedenkstätte sind Gegenstände aus der Geschichte ausgestellt, man findet aber auch viele Fotos aus ihren frühen Lebensjahren.


Ein Abend im Alten Basar, ein Morgen auf dem Markt


Zurück im Hotel beziehen wir das gemütliche Zimmer und gönnen uns eine kleine Auszeit im Jacuzzi. Gegen Abend erkunden wir den “Alten Basar”: die wunderschöne, orientalisch angehauchte Altstadt mit unzähligen kleinen Läden, die allerlei Krimskrams verkaufen, und hübschen Lokalen, aus denen es mehr als verführerisch duftet. Aufgrund einer Empfehlung entscheiden wir uns für das “Pcela“ und essen Kebap und Tavce, einen überbackenen, sehr schmackhaften Bohneneintopf. Besser hätte man diesen spannenden Tag nicht beenden können.

Den zweiten Tag beginnen wir mit einem Spaziergang über den Markt. Wie gerne würde ich eine der riesigen Wassermelonen kaufen, oder ein Kilo der duftenden Pfirsiche – leider wüsste ich nicht, wann ich die essen sollte, und wenn ich mir vorstelle, am Flughafen eine Wassermelone einzuchecken …. nein, eher nicht! Bei der “Festung Kale”, die über der Stadt thront, treffen wir unsere heutige Reiseführerin Kate. Per Bus und Seilbahn geht es auf den 1066 Meter hohen Vodno zum “Millenniumskreuz”, dem riesigen Stahlkonstrukt, das man schon von der Stadt aus sieht. Die Aussicht von hier ist atemberaubend: Skopje auf der einen Seite, auf der anderen Hügel und Berge, so weit das Auge reicht.


Ein magischer Ort: der Matka-Canyon


Per Bus verlassen wir die Stadt. Eine halbe Stunde ausserhalb befindet sich ein bezaubernder Flecken Erde: der Matka-Canyon. Steile Felswände umrahmen den tiefgrünen Matka-See. Die Terrasse des Restaurants und Hotels direkt am See ist voll, vom Steg springen Kinder ins Wasser, Jugendliche paddeln im Kajak. Wir fahren per Boot in die Schlucht bis zur Höhle “Vrelo”, eine der zehn Höhlen im Canyon. In der Höhle wachsen nicht nur die berühmten Stalaktiten und Stalagmiten, es gibt auch zwei kleine Seen. Die genaue Tiefe der Höhle ist unbekannt, es wird gar spekuliert, dass “Vrelo” die tiefste Unterwasserhöhle der Welt sein könnte.

Auf der Rückfahrt mit dem Boot braut sich ein Gewitter zusammen, was der ganzen Szenerie eine spektakuläre Atmosphäre verleiht. Wie gerne hätten wir es uns noch auf der Terrasse gemütlich gemacht und die grandiose Aussicht genossen – aber der nahende Regen treibt uns zurück in den Bus und in die Stadt. Das Gewitter entlädt sich kurz und heftig über Skopje. Als wir im Hotel ankommen, ist es bereits vorbei. Weil wir einen ereignisreichen Tag hinter uns haben, beschliessen wir, im hoteleigenen Restaurant zu essen – was wir auf keinen Fall bereuen. Die Aussicht auf die Stadt auf der einen und das hell erleuchtete Millenniumskreuz auf der anderen Seite ist grandios, Essen und Bedienung sind es ebenfalls. Wir staunen nicht schlecht, als der Kellner uns zwei Gläser Rotwein bringt, offeriert vom Nebentisch. Man habe gehört, dass wir Schweizerdeutsch reden, erklärt die kleine Runde – offenbar in der Schweiz aufgewachsen und in Skopje zu Hause. “Wir hoffen, euch gefällt Mazedonien.“ Wie könnte es auch nicht! Ich habe selten so viel Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und unaufdringliches Selbstbewusstsein erlebt wie hier. Skopje, ich hoffe, du bleibst genau so, auch wenn du kein Geheimtipp mehr bist.


3 Tipps in und um Skopje


Bushi Hotel & Spa: Hotel mitten im Alten Basar gelegen, schöne Zimmer, Innenpool, Jacuzzi, Sauna, Hamam, Massagen, tolles Frühstücksbuffet, grossartiges Restaurant. Prädikat: sehr empfehlenswert!(Kjurchiska 21, Skopje 1000, Mazedonien (EJRM), www.bushiresort.com)

Matka-Canyon: Eine gute halbe Autostunde ausserhalb der Stadt gelegen – ein Trip, der sich lohnt! Auch eine Wanderung oder eine Bootsfahrt zu den Höhlen ist empfehlenswert. (Street 1; Village Matka, Village Matka 1000, Mazedonien (EJR), www.canyonmatka.mk)

Die Stätte, die am Ort der Taufkirche von Mutter Teresa steht, ist ein Muss beim Skopje-Besuch. Dabei sind alle Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt, von der “Porta Macedonia“ über die Steinbrücke bis zum Alten Basar, sehr gut zu Fuss zu erkunden.


Text: Sandra Casalini veröffentlicht auf Edelweiss Airlines